Hubert Schölnast
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Heimat |
Heimat ist – hm. Weiß nicht – »Hei-mat« – hm. – Komisches Wort, wenn man es ein paar Mal vor sich her sagt. Wenn man zwanzig- oder dreißigmal laut »Heimat« sagt, hat man nicht mehr den Eindruck, als hätte dieses Wort irgendeine Bedeutung. Mir geht's jedenfalls so.
Ich glaube, Heimat ist irgendwie altmodisch. Und politisch irgendwie rechts. Oder?
Doch, ich finde schon. Es gibt die Leute, die »do daham« sind, und es gibt die »Zuagroaßt'n« – Fremde. Die Do-Daham-Menschen waren zuerst da, und viele von ihnen mögen die Zuagroaßt'n nicht: »Bischt a Tirola, bischt a Mensch. Bischt koa Tirola, bischt a Oaschloch« – Na ja, die Tiroler sind sowieso ein ganz eigenes Volk. Aber sehr mit der eigenen Heimat verbunden, diese Tiroler!
Mein Opa war Heimatdichter. Aus der Oststeiermark. Er war außerordentlich heimatverbunden. Er war sogar einigermaßen berühmt. Großes Goldenes Ehrenzeichen des Landes Steiermark, Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, und wenn er keine Lungenentzündung bekommen und wenigstens zwei Wochen länger gelebt hätte, wäre er sogar Professor geworden. Posthum wollte man ihm den Titel dann doch nicht verleihen.
Mein Opa war wirklich sehr heimatverbunden. Sonst wäre er wahrscheinlich auch kaum Heimatdichter geworden. In seinem Heimatort haben sie ihm zu Ehren sogar einen Baum gepflanzt: Eine Linde. Mein Opa hat immer gestrotzt vor Gesundheit und ist ziemlich alt geworden. Und weil er einfach nicht gestorben ist, haben sie den Baum kurzerhand schon zu seinen Lebzeiten eingepflanzt. Weil sie ja grad sowieso umgebaut haben im Ort, hat das grad so hineingepasst. Damit alles schöner ausschaut für die vielen Touristen, die jetzt dauernd herkommen. Nein, die kommen nicht wegen dem Opa, sondern wegen der Burg. Aber den Platz für die Gedenklinde herzurichten, ging gleich in einem Aufwaschen. Sonst wäre dieser Platz ja so lange leer geblieben, bis mein Opa endlich einen Abgang gemacht hätte. Das hätte auch nicht gut ausgeschaut. – »Na, Opa, wann ist es denn endlich so weit? Beeil dich, wir wollen dir endlich ein Denkmal setzen!« – Da war es so schon besser. Das hat den Opa auch sehr gefreut. Wem pflanzt die Gemeinde schon einen Gedenkbaum samt Gedenktafel vor die Haustür? Aber irgendwie ist das schon komisch: Ein Denkmal zu Lebzeiten? Auch wenn es nur ein Baum ist. Ich möcht' das nicht haben.
Irgendwann ist der Opa dann doch gestorben. Daheim in seiner Wohnung. In seiner Heimat. Dort wo er geboren wurde. Mit 93 Jahren. Schönes Alter eigentlich, oder? So alt möchte ich auch werden. Und dabei so gesund bleiben wie der Opa. Eigentlich zu beneiden, mein Opa.
Die Linde ist nicht so alt geworden. Bis ein halbes Jahr nach seinem Tod ist sie noch dort gestanden, dann war sie eines Tages plötzlich weg. Der Volkszorn hat sie hinweggefegt. So stand es jedenfalls in der Zeitung: »Gedenklinde wurde in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vom Volkszorn weggefegt.« Jetzt steht dort ein Brunnen, damit der Platz nicht so leer ist. – Ja, so kann's einem gehen mit der Heimatverbundenheit: Grade noch hochgefeiert und mit Ehrungen überhäuft, dann plötzlich tot wegen so einer ordinären Lungenentzündung. Dann kommt noch rasch das letzte Buch raus, posthum, eine Dankplakette von der Bezirkshauptstadt gibt's auch noch posthum, und plötzlich steht man von heute auf morgen als Nazi da und kann sich gar nicht dagegen wehren, weil man ja kurz vorher gestorben ist. – Schön blöd, oder?
Oder war nur sein Pferd bei der Wehrmacht? – Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Daheim (schon wieder so ein Heimat-Wort) wurde ja nie darüber geredet. Vielleicht möchte ich es auch gar nicht wissen. Ist eh schon so lange her, und der Opa ist eh schon tot. Und alle anderen auch. Und dass er ein wirklich Böser war glaub ich nicht, sonst hätte er nachher nicht die vielen Ehrungen bekommen.
Als ich klein war, hieß es, mein Opa wäre früher Bürgermeister gewesen. Ich war total stolz! Mein eigener Opa war früher Bürgermeister! Und dann, nach dem Krieg, war er Imker und später ein berühmter Dichter. Dazwischen war er mal Schuster, aber mit einem Schuster als Opa konnte man schlecht angeben. Bürgermeister – das war schon was! So einen Opa hat nicht jeder. Viele Jahre später habe ich einmal nachgerechnet, zu welcher Zeit er Bürgermeister gewesen sein muss. Ich habe mehrmals nachgerechnet, weil mir das Ergebnis gar nicht gefiel: Wie wird man Ende der Dreißigerjahre des zwanzigsten Jahrhunderts im Großdeutschen Reich Bürgermeister? Ich denke, er wird wohl bei der richtigen Partei gewesen sein. Wahrscheinlich bei dieser heimatverbundenen Partei, wie ich meinen heimatverbundenen Opa kenne.
Wir haben den Opa nicht so oft besucht. Er uns auch nicht. Er war genau einmal zu Besuch bei uns, glaube ich. Damals war ich fünf. Irgendwann haben wir ihn gar nicht mehr besucht, und dann ist er für mich zu einem Fremden geworden: Zu einem schrulligen alten Mann, der Bienen züchtet, seine Heimat erforscht, Mundartgedichte und volkskundliche Bücher schreibt, und früher einmal Bürgermeister war.
Heimat ist altmodisch. Und politisch? – Wer will das schon so genau wissen.
Heimat – »Hei-mat« – Irgendwie klingt das Wort nach gar nichts.
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