Hubert Schölnast
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Nüchtern betrachtet |
Voll inbrünstiger Vorfreude und ungeduldigem Hoffen sehnte ich den gestrigen Abend herbei, an dem es mir zum ersten Mal in meinem Leben vergönnt sein würde, den berühmten Literaten und Verfasser der Zeitungskolumne »Nüchtern betrachtet« Klaus Nüchtern persönlich kennen lernen zu dürfen. Er sollte an diesem Abend im Entertainmentcenter aus seinem neuen Buch vorlesen.
Herr Nüchtern ist an meinem bisherigen Leben absolut spurlos vorbeigegangen. Bis vor wenigen Tagen war mir die Existenz von Menschen dieses Nachnamens nicht nur gänzlich unbekannt, sondern auch total wurscht.
Doch als ich dann las, dass er der Erfinder des Satzes »Rain on my crazy Bärenfellmütze« war, welcher, und das soll hier auch nicht unerwähnt bleiben, bis dato Wege beschritten hatte, welche ebenfalls einen gehörigen Sicherheitsabstand von den meinen einhielten, leuchtete in mir die Erkenntnis auf, dass mir hier ein großes Versäumnis zuteil werden würde, ließe ich mich dazu verleiten, den angekündigten Abend daheim in der Badewanne zu verbringen, wie ich es eigentlich vorgehabt hatte.
Nach einem Urlaubstag voller hektischer Hin- und Her-Rennerei auf der Suche nach Utensilien zur Verschönerung des eigenen neuen Heims, kehrte ich des Abends heim in die Gasometer, um mich pünktlich um 18:30 Uhr auf den Weg ins Entertainmentcenter zu begeben.
Nach langen Minuten des Wartens, die ich mir durch feingeistige Gespräche mit Anwohnern zu verkürzen suchte, trat ein Mann mit seitlich an den Kopf geheftetem Mikrofon ans Pult, der sich als der heftig erwartete Klaus Nüchtern zu erkennen gab, und sogleich bedauerte, das ihn das seitlich an den Kopf geheftete Mikrofon gehörige Schwierigkeiten beim Nippen am Bierglase bereite, was aber seiner Ansicht nach durch das gleichzeitig entstehende Rockstar-Feeling mehr als kompensiert würde.
Hingebungsvoll hing von nun an das Publikum an seinen Lippen, als er begann, sich im ersten Irrtum des Tages auszubreiten.
Klaus Nüchtern glaubte sich an diesem Abend nämlich in Simmering, dem elften Wiener Gemeindebezirk, zu befinden, wo doch jeder ortsansässige Geograph ausführlich erklären, und sicherlich mit Hilfe vielfältigen Kartenmaterials demonstrieren und nachweisen könnte, dass das Entertainmentcenter auf der anderen Straßenseite, und somit zur Gänze im Bezirk Landstraße liegt, welcher der Gemeindebezirk Numero drei ist.
Nun, es stimmt schon: Nüchtern wusste zwar viel über Rostbraten in schmackhafter wie ebenso schwerer Steinpilzobersauce zu berichten, mit dem er sich in Simmering den Wanst vollzuschlagen gedachte, und er sinnierte auch über Ehrengräber in Simmering nach, in welche Simmeringverachter nicht einmal ihre sterblichen Überreste zu deponieren wünschten, doch aus seinem Munde kam nie ein Satz wie: »Ich bin jetzt in Simmering«, »schön, hier in Simmering zu sein« oder »schön hier zu sein, auch wenn es in Simmering ist«. - Mit keinem Wort ließ er eindeutig verlautbaren, dass er sich im elften Bezirk wähnte, und doch ist es mein fester Glaube und meine tiefste Überzeugung, dass genau dies sein fester Glaube und seine tiefste Überzeugung war. Ihm war wohl einfach nicht bekannt, dass er sich just in dem Moment, in dem der so viele Worte über meinen neuen Heimatbezirk von sich gab, Dutzende Meter außerhalb jenes Bezirkes befand. - Jenes Bezirks, in dem auch die altehrwürdigen Gasometer standen, von denen er dankenswerterweise auch einiges zu berichten wusste.
Nach diesem ersten Irrtum flossen viele Worte aus seinem Munde, die bereits Jahre zuvor aus seiner Feder geflossen waren, und das dürstende Publikum sog diese Worte in sich auf, wie einst Jesus, dem ein Schwamm voll Essig gereicht wurde, um den Durst zu stillen, den er in seinen letzten Stunden zu erleiden hatte.
Auch ich ward an diesem Abend trunken der Worte, die durch die Gehörgänge in mein Gehirn sickerten, und dort einen Durst löschten, dessen ich mir zuvor gar nicht bewusst gewesen bin.
Doch dann entschied das Schicksal, dass es nun Zeit wäre für den zweiten Irrtum, von dem noch niemand ahnen würde, mit welcher Wucht er über mich - und Nüchtern - hereinbrechen würde:
Der begnadete Träger des seitlich an den Kopf gehefteten Mikrofons fand mit seiner Lesung ein Ende, und es wurde dem Publikum erlaubt, für nur 14,50 Euro pro Exemplar jenes Werk zu erwerben, aus dem der Autor soeben einige Stellen vorgetragen hatte. Dem Publikum wurde sogar die Gnade zuteil, vom Autor eine persönliche Widmung erbitten zu dürfen.
Nun traf es sich gerade so, dass ich die ganze Zeit über neben jenem Bücherstapel verweilt hatte, welcher dann, als Nüchtern das Ende gefunden hatte, zu Geld gemacht werden sollte. So ließ auch ich mich in meiner intellektuellen Trunkenheit verleiten, tatsächlich ein Buch zu kaufen, und erbat wenige Augenblicke später sogar die persönliche Widmung des Autors.
Ehrfurchtvollen Blicks und mit feuchten Händen näherte ich mich dem Pult, an dem ich meine ersten Worte an den begnadeten Mikrofonträger und Biernipper richten durfte.
»Für Hubert« hörte ich mich sagen. - Ich möchte an dieser Stelle ganz klar hervorheben, und kann es gar nicht ausdrücklich genug betonen, dass ich diese beiden Worte nicht nur gesagt habe, sondern dass ich auch laut und deutlich gehört habe, wie sie sich von meinen Lippen lösten, den umgebenden Raum erfüllten, und dann auf die Trommelfelle aller umstehenden Personen trafen, um dort auf raffinierte Weise ebendiese in solche Schwingungen zu versetzen, dass sich in den grauweißen Zellbatzen, die sich dazwischen aufhielten, wieder die Worte »Für Hubert« bilden mussten. - »Für Hubert« - Laut und deutlich!
Doch was schreibt dieser Schmierfink in das Buch, das ich so teuer erwarb? Er schreibt sehr bedacht, mit konzentriertem Blick, und unter Verwendung seiner schönsten Sonntagsschrift (obwohl Donnerstag war) die beiden Worte »Für Robert«!
Das ginge ja noch an, wenn ich einen Robert kennen würde, und des Gedankens schwanger wäre, ihm ein Buch von Klaus Nüchtern ins Osternest zu legen. Und tatsächlich schicke ich mit Lichtgeschwindigkeit die Abfrage »find Robert« an mein Personengedächtnis, und erhalte Nanosekunden später die Antwort »search yielded no results - please check spelling«.
Was also wäre nun zu tun frage ich mich, während der begnadete Mikrofonträger noch immer damit beschäftigt war, die Widmung für diesen unbekannten Robert zu Ende zu bringen.
Ich raffte also meine ganze Courage zusammen, räusperte mich, und erklärte, während er über die Tinte blies um sie zu trocknen, dass ich eigentlich Hubert heißen würde, und nun etwas irritiert sei über diesen Namen in meinem Buch, zu dem ich so überhaupt gar keinen Bezug hätte.
Klaus Nüchtern zeigte volles Verständnis, behauptete glaubhaft, dass ihm das peinlich wäre, und strich den Robert mit zwei zueinander parallelen Stichen, welche gemeinsam leicht gegen die Grundlinie geneigt waren, durch, und ersetzte Sie durch den Namen, den ich mir zwar nicht selbst ausgesucht habe, der aber trotzdem der meine war:
Hubert - der im Geiste Leuchtende!
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